Sozialstaat und Ehrenamt
Präsidentin des Roten Kreuzes Gerda Hasselfeldt informierte in Viechtach

Die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes Gerda Hasselfeldt hat bei einem Informationsbesuch in Viechtach unterstrichen, dass Ehrenamtliche auch die richtigen politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen benötigen, um zu helfen.
Beim Deutschen Roten Kreuz steht stets einer im Mittelpunkt: der Mensch. Ob er nun pflegebedürftig ist oder einsam, ob er Unterstützung bei der Erziehung von Kindern braucht oder bei einem Unglücksfall psychologische Hilfe benötigt – die rund 450 000 Ehrenamtlichen und rund 200.000 Hauptamtlichen in Deutschland sind da, Tag für Tag. Dazu brauchen sie aber auch die richtigen politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Das hat die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes Gerda Hasselfeldt bei einem Informationsbesuch in Viechtach unterstrichen.
Die gebürtige Niederbayerin und ehemalige Bundesministerin ist seit Dezember 2017 die Präsidentin der Hilfsorganisation. Den hochkarätigen Besuch möglich gemacht hat Elisabeth Zettner, Kreisvorsitzende der Frauen Union (FU), die zusammen mit dem Bayerischen Roten Kreuz einen Infonachmittag zum Thema „Sozialstaat und Ehrenamt“ auf die Beine gestellt hat. Der Raum beim BRK in Viechtach war gut gefüllt. Nicht nur Mitglieder der Frauen Union und Mandatsträger waren gekommen, sondern auch viele BRK-Ehren- und Hauptamtliche. „Das Thema des heutigen Nachmittags ist vielschichtig und birgt viele Herausforderungen“, führte Landrat und CSU-Kreisvorsitzender Dr. Ronny Raith ein. Der Kreisverband des BRK sei geprägt von ausgezeichnetem Ehrenamt: „Wir sind richtig gut aufgestellt und stolz darauf und wir sind dankbar für jeden, der sich einbringt.“
Sich informieren und Ehrenamt wertschätzen
Wie FU-Kreisvorsitzende Elisabeth Zettner skizzierte, war das Ziel des Nachmittags der Frauen Union, sich zu informieren und gleichzeitig auch das Ehrenamt wertschätzen. Sie freute sich daher sehr, dass Gerda Hasselfeldt zugesagt hatte und zeichnete ihren Lebenslauf nach. Zettner erklärte, das Sozialstaatsprinzip sei in der Verfassung verankert und unabdingbar verbunden mit dem Ehrenamt. Wie vielfältig dieses Ehrenamt des BRK im Landkreis Regen ist, zeigte BRK-Kreisgeschäftsführer Franz Lobmeier auf – von der Freibadaufsicht der Wasserwacht bis zum Blutspendetermin, vom Helfer vor Ort bis zur Bergwacht. Wie wichtig gerade die Psychosoziale Notfallversorgung sei, habe sich einmal mehr bei dem schrecklichen Verkehrsunfall an Ostern im Landkreis Regen gezeigt: „Es ist eine unfassbar schwere Aufgabe, einem achtjährigen Kind zu erklären, dass die Mutter nicht mehr da ist.“
Der Mensch steht stets im Mittelpunkt
Bei allem, was das Rote Kreuz tut, steht laut Gerda Hasselfeldt der Mensch im Mittelpunkt: „Wir stellen stets die Frage: Wie geht es diesem Menschen?“ Sozialstaat bedeute nicht, dass der Staat als Erstes bei allem gefordert sei, sondern jeder Einzelne sei gefragt. „Wenn wir die ehrenamtlichen Strukturen nicht hätten, dann würde vieles im Staat nicht funktionieren“, machte die Präsidentin deutlich. „Der Staat kann das alles nicht erfüllen, auch nicht im Katastrophenschutz.“ Dabei sei auch das Zusammenspiel mit anderen Hilfsorganisationen sehr wichtig.
Ein großes Problem sei die bundesweit uneinheitliche Regelung der Freistellung von Ehrenamtlichen im Katastrophenfall, monierte Hasselfeldt. Dies werde von den Ländern geregelt. Teilweise erhielten Hilfskräfte im Ahrtal wegen der unterschiedlichen Regelungen keine Lohnfreistellung. „Solche Fragen müssen bundesweit geklärt werden und ich werde niemals aufhören, auf diesen Missstand hinzuweisen, solange er nicht beseitigt ist“, kündigte sie unter Applaus an. Bayern sei hier allerdings vorbildlich.
Einklang mit dem Schutz der zivilen Bevölkerung
Das Rote Kreuz sei auch bei der veränderten politischen Lage gefordert. „Alles, was in militärische Sicherung investiert wird, muss in Einklang gebracht werden mit dem Schutz der zivilen Bevölkerung“, forderte Hasselfeldt. Sie begrüßte daher die jüngste Grundgesetzregelung und machte sich stark für eine Verbesserung der materiellen Ausstattung von Hilfsorganisationen. Das RK sei verpflichtet, in einem bewaffneten Konflikt den Sanitätsdienst der Bundeswehr zu unterstützen. „Jetzt müssen wir darauf vorbereitet sein und tun das.“ Geleistet werden muss Unterstützung in Krankenhäusern und Lazaretten, Hilfe beim Transport von Verwundeten und Kranken und das Zusammenspiel der einzelnen Organisationen. Hasselfeldt wirbt gerade beim Verteidigungsministerium dafür, dass jungen Menschen nicht nur der freiwillige Wehrdienst angeboten wird, sondern auch Informationen damit verbunden sind, wie man sich im zivilen Bereich engagieren kann. „Wir müssen den jungen Menschen sagen: Wir brauchen Sie.“
Politiker informieren sich über Bürokratiehürden
Bei der Diskussion bot MdB Alois Rainer – Hasselfeldts jüngerer Bruder – den kurzen Draht bei der Frage der Lohnfreistellung an. MdL Stefan Ebner wollte wissen, welche bürokratische Regelung genau abgeschafft werden müsse, um dem Roten Kreuz die Arbeit entscheidend zu erleichtern. Für Gerda Hasselfeldt gibt es nicht die eine Regelung, sie bemängelte vielmehr das Geflecht an bürokratischen Vorschriften, bat aber in erster Linie: „Gebt den Leuten an der Basis mehr Vertrauen zur Eigengestaltung.“